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Die Anatomie im Altertum

Der innere Aufbau des Körpers und dessen Funktionsweisen hat die Menschen schon immer fasziniert. In vielen Kulturen der Antike waren die Körper von Toten jedoch tabu. Meist waren es religiöse Überzeugungen, die eine Untersuchung und Dokumentation verhinderten. Damit waren den anatomischen Studien im Altertum unverrückbare Steine in den Weg gelegt. Ein Fortschritt fand daher bis auf wenige Ausnahmen kaum oder gar nicht statt.
Nichtsdestotrotz lassen sich erste anatomische Kenntnisse schon zu Zeiten der Höhlenmenschen nachweisen. Immerhin verstanden sich diese schon auf die Kunst der Trepanation. Mesopotamische Keilschriften aus der Zeit um 3500 v. Chr. beweisen, dass auch die alten Sumerer und Babylonier zumindest über ein grundlegendes anatomisches Wissen verfügten.

 

Die Anatomie im alten Ägypten

Anatomie im alten ÄgyptenÜber mehr als ein Basiswissen in der Anatomie verfügten auch die alten Ägypter nicht. Dabei möchte man ob ihrer ausgefeilten Mumifizierungskünste anderes annehmen. Obwohl die Medizin im alten Ägypten sehr weit fortgeschritten war, steckte die Anatomie noch in den Kinderschuhen. Ärzte, die Knochenbrüche kunstfertig schienen, Krankheiten erfolgreich behandeln und Wunden erstaunlich modern versorgen konnten, wendeten sich nur dem lebenden Körper zu. Die Eröffnung des Körpers galt dagegen als Entstellung des Toten und war verboten. Das machte ein genaueres Studium der Organe und Gewebe unmöglich.
Selbst die Einbalsamierer beschäftigten Gehilfen, um den verbotenen Schnitt nicht selbst durchführen zu müssen. Damit verlagerten sie die ethische Schuld auf diese Gehilfen. Das Einbalsamieren selbst diente einem religiösen Zweck. Eine Untersuchung der entnommenen Organe aus medizinischem Interesse fand nicht statt. Sie wurden ohne weitere Betrachtung in den dafür vorgesehenen Kanopen verwahrt.
So verhinderte die religiöse Überzeugung der alten Ägypter eine frühe Blüte der Anatomie in Ägypten. Fast 750 Millionen Ägypter wurden so einbalsamiert, ohne dass ihr Körper näher untersucht und die Ergebnisse der Untersuchungen dokumentiert worden wären.

 

Die Anatomie im alten Griechenland

Das alte Hellas gehörte zu den wenigen antiken Kulturen, in denen sich die Anatomie weiterentwickeln konnte und die entsprechenden Studien erlaubt waren. Als Anschauungsobjekte dienten vor allem Tiere und totgeborene Kinder. Ihre Körper wurden systematisch studiert und die Erkenntnisse dokumentiert. Allerdings stand hier noch das naturwissenschaftliche und weniger das medizinische Interesse im Vordergrund.
Die Mediziner dieser Zeit maßen der Anatomie keine große Bedeutung bei, da die Säftelehre damals die vorherrschende Lehrmeinung war. Daher erforschte man die Wirkungen der vier körpereigenen Säfte (Schleim, Blut, gelbe und schwarze Galle), deren Ungleichgewicht die Erkrankungen verursachen sollte. Die Viersäftelehre findet sich neben ersten anatomischen Beschreibungen unter anderem im „Corpus Hippocraticum“.
Im Zentrum der antiken griechischen Welt, in Alexandria, entwickelte sich die Anatomie, wie man sie heute versteht. Schon um 340 v. Chr. wirkte dort Herophilos von Chalkedon, der sich vor allem mit den Eigenschaften des Schädels befasste. Ihm folgte um 320 v. Chr. der Anatom Erasistratos von Julis auf Keos. Ein weiteres Mitglied der alexandrischen Schule war Cornelius Celsus, der um 30 v. Chr. bis 38 n. Chr. bedeutende anatomische Werke der Antike schuf. Die wohl wichtigsten Werke mit der längsten Wirkung stellte aber der Grieche Galenos von Pergamon (129–199 n. Chr.) zusammen. Er fasste die wichtigsten Werke und Erkenntnisse berühmter Vorgänger und Zeitgenossen wie Hippokrates und anderer Ärzte, Naturwissenschaftler und Philosophen zusammen.

 

Galen und die Anatomie im alten Rom

Im alten Rom herrschte ein Sezierverbot. Damit waren die Möglichkeiten für weiterführende Erkenntnisse auch hier recht beschränkt. Nichtsdestotrotz lebte eben hier der für viele Jahrhunderte bedeutendste Arzt und Anatom: Galenos von Pergamon, seit der Renaissance aufgrund einer Fehlinterpretation auch als Claudius Galenus bezeichnet. Galen, wie er auch genannt wurde, war Leibarzt des römischen Kaisers Marcus Aurelius und des Kaisersohnes Commodus. Zuvor hatte er sich viel mit Medizin beschäftigt und diese später auch studiert. Seine Kenntnisse erweiterte er unter anderem als Gladiatorenarzt in Pergamon und als Arzt bei der Behandlung verletzter Athleten bei den olympischen Spielen. Zudem studierte er die Knochen und Skelette zerstörter Grabstätten.
Ihm ist es zu verdanken, dass die Anatomie Einzug in die Medizin fand.
In den 32 Bänden seines „Corpus Galenicum“ fasste er das damalige anatomische und medizinische Wissen zusammen. Dieses rekrutierte sich allerdings aufgrund des Sezierverbotes für Menschen in Rom und an anderen Orten aus den Erkenntnissen von Tieren, meist Affen, Hunden und Schweinen. Ob Galen selbst jemals Menschen sezierte, ist nicht bekannt. Dadurch schlichen sich Fehlannahmen und falsche Behauptungen ein, die erst in der Renaissance von Andreas Versalius widerlegt wurden.
Neben der Enzyklopädie schrieb Galen eine umfangreiche Krankheitslehre unter dem Titel „Methodus methendi“. Seine anatomischen Kenntnisse fasste er auch in dem Werk „De anatomicis administrationibus“ zusammen. Seine umfangreichen Werke wurden zum Standard medizinischer Vorlesungen. Statt neue Erkenntnisse zu suchen, gab man sich lange Zeit damit zufrieden, Galens Werke zu kopieren und zu verbreiten. So hemmte er mit seinen Werken fast 1300 Jahre lang die weitere Entwicklung der Anatomie.

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